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Stressmanagement - für einen gesunden Umgang mit Stress
Gast: Selina Frey, Psychologin, Berufs- und Laufbahnberaterin, Coach Dauer: 00:32:22
«Stress passiert nicht! Stress ist eine Art, wie du auf Dinge reagierst.»
Unbekannt
Gastbeitrag: Selina Frey
Stress, lass nach!
Dein Telefon klingelt. Du schreckst auf – du hast verschlafen. Dein erster Gedanke: „Nein, heute habe ich das Vorstellungsgespräch! Wie konnte das nur passieren?! Und jetzt?“ Ein Blick auf die Uhr sagt dir, dass du den Zug bereits verpasst hast und zu spät eintreffen wirst. Stress pur!
Das Thema „Stress“ ist in der heutigen Gesellschaft allgegenwärtig. Besonders am Arbeitsplatz gehört Stress schon fast zum guten Ton. Man will auf keinen Fall den Anschein erwecken, dass man zu wenig zu tun hat. Dieser permanente Stress hat jedoch verheerende Folgen und kann im Burnout, einer Depression oder weiteren Erkrankungen enden. Nicht umsonst bewertet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den heutigen Stress als grösste Gesundheitsgefahr des 21. Jahrhunderts.
Stress und der Säbelzahntiger
Stress ist eine Überlebensreaktion. Seine Funktion ist es, in akuten Stresssituationen zu helfen. Um dies besser zu verstehen, müssen wir in der Evolution ziemlich weit zurückgehen.
Es knackt im Gebüsch und die sichere Höhle für den Rückzug ist weit weg. Stammte das Knacken im Gebüsch von einem Säbelzahntiger? Dem Menschen blieb weder viel Zeit noch viele Möglichkeiten – Flucht, Kampf oder Totstellen. Und im Anschluss, sofern er es überlebt hatte, folgte Entspannung. Damit sich der Fokus auf diese drei Reaktionen verengt, passieren im Körper blitzschnell viele Prozesse, beispielsweise wird das Adrenalin hochschnellen.
Stress ist demnach nicht per se schlecht, sondern hat ursprünglich eine äusserst wichtige Funktion. Nur gibt es heute keine Säbelzahntiger mehr und auch sonst weniger Situationen, in denen es ums Überleben geht.
Dauerstress heute
Während es früher einen kurzen Stressmoment gab und danach wieder Entspannung folgte, stehen wir heute unter einer Art Dauerstress. Anforderungen, die wir zu erfüllen haben, prasseln von allen Seiten auf uns ein, was zu einer Daueralarmbereitschaft führt. Gehirn und Körper machen dabei Einschätzung über die Ausprägung des Stressors. Das bedeutet, dass beispielsweise bei einem kritischen Blick vom Chef mit der Bitte in sein Büro zu kommen derselbe Prozess in Gang gesetzt werden kann, wie bei der Vermutung, dass sich ein Säbelzahntiger anschleicht. Für diesen dauerhaften Spannungszustand ist unser Körper jedoch nicht ausgelegt.
Deine Reaktion auf Stress
Nachdem ein Stressauslöser eingetroffen ist, folgt deine persönliche Stressreaktion darauf. Das bedeutet, dass die individuelle Wahrnehmung der Stressoren sehr unterschiedlich ist. Sie ist geprägt von deinen Erfahrungen, inneren Überzeugungen und persönlichen Werten. Auf Basis dieser reagierst du unterschiedlich und das ist die sogenannte Stressreaktion. Von einer dienlichen Stressreaktion spricht man, wenn du auf den Stressor ideal reagierst. Oft übernehmen aber auch nicht dienliche persönliche Stressreaktionen das Steuer. Diesen gilt es auf die Schliche zu kommen, damit du sie im Anschluss verändern kannst. Zu geläufigen nicht dienlichen Stressreaktionen gehören ausgeprägter Leistungsanspruch, Perfektionismus, Unsicherheit und Problemorientierung.
Eu-Stress und Di-Stress
Wie wir soeben erfahren haben, reagieren wir sehr individuell auf Stress. Von Eu-Stress sprechen wir, wenn wir freudig aufgeregt sind oder uns über eine Herausforderung freuen und zuversichtlich sind, dass wir diese meistern werden. Wenn im Alltag von Stress gesprochen wird, meinen wir jedoch meist Di-Stress. Die äusseren Anforderungen, die an uns gestellt werden, übersteigen dabei in unserer persönlichen Wahrnehmung unsere eigenen Ressourcen und Handlungsmöglichkeiten.
Stress und seine Folgen
Kurzfristiger Stress mit einer anschliessenden Entspannung hat langfristig kaum negative Folgen. Anders sieht es jedoch mit dem Dauerstress aus. Wenn der Stress nicht aufhört, die Entspannung fehlt, verändert sich mit der Zeit unsere Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse und dementsprechend auch der weitere Umgang mit Stress.
Die Folgen von Stress können in vier Kategorien eingeteilt werden:
- Körperliche Symptome: Schlaflosigkeit, verändertes Essverhalten (Überessen oder „nichts mehr runterbringen“), Herzrasen und vieles mehr.
- Emotionale Symptome: dies zeigt sich beispielsweise in Gereiztheit, Zynismus, negativer Einstellung, daraus folgernd Motivationsprobleme.
- Soziale Symptome: dazu gehören Rückzug aus dem sozialen Leben hin bis zur Isolierung, verändertes Verhalten aufgrund von Gereiztheit und andere emotionale Symptome.
- Kognitive Symptome: hierunter fallen zum Beispiel Leistungsminderung, Konzentrationsprobleme und „dumme“ Fehler.
Bei Burnout und weiteren psychischen Erkrankungen spielt Stress eine grosse Rolle.
Wir sind dem Stress in der heutigen Zeit aber nicht hilflos ausgeliefert. Im nächsten Abschnitt gebe ich dir darum Methoden an die Hand, die dir helfen können, im alltäglichen Wahnsinn nicht unterzugehen.
Umgang mit Stress – Bewältigungsstrategien
Stress wird es in deinem Leben immer wieder geben, ebenso stressige Zeiten. Es gibt aber Methoden, die dich darin unterstützen, einen bestmöglichen Umgang damit zu entwickeln.
Um das Nervensystem zu beruhigen ist es sinnvoll, auf regelmässige Bewegung, gesunde Ernährung, genügend Schlaf und Raum für Reflexion zu achten. Auch wenn sich dies banal anhört – schau mal, ob du diesen Aspekten genügend Wichtigkeit gibst, wenn du unter Stress stehst.
Im Folgenden eine Reihe von Bewältigungsstrategien und Ansätzen, die jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.
- Stressoren reduzieren: Kannst du Aufgaben komplett delegieren? Ablehnen? In Einzelschritte aufteilen oder im Team aufteilen?
- Ursachen herausfinden: Um deinen Stress an der Wurzel zu packen, lohnt es sich auf Ursachenforschung zu gehen. In der Toolbox beschreibe ich dir hierfür eine Übung ausführlich. Diese hilft dir bei der Reflexion und im Anschluss erkennst du Muster und kannst gezielt Veränderungen angehen.
- Akzeptanz: Eine akzeptierende Haltung einzunehmen hilft, dass du dich nicht allzu sehr in Probleme verstrickst. Es geht nicht darum die Augen vor Problemen zu verschliessen, sondern darum zu akzeptieren, dass Probleme, die Stress verursachen nunmal zum Leben dazu gehören.
- Positives Denken: Hier geht es nicht darum, die Probleme schönzureden. Viele Menschen neigen jedoch dazu, Probleme gross zu machen, sich Worst-Case-Szenarien auszumalen, zu klagen. Dann kann es schnell passieren, dass du übersiehst, was alles gut läuft, was du bereits geschafft hast und dass dir viele Ressourcen zur Verfügung stehen.
- Wechsel von der Problemorientierung zur Lösungsorientierung: Wenn Stress Überhand nimmt, fokussieren wir uns meist auf die Probleme. Ein Perspektivenwechsel kann hier Wunder wirken. Schau nach Lösungen, nach kleinen Schritten, die dich näher an dein Ziel führen. Wenn die Problemfokussierung besonders gross ist, kann es sinnvoll sein, dass du dich zwingst, mindestens zehn Lösungen zu finden. Dabei wird dein Denken in andere Bahnen geleitet, Kreativität kommt wieder auf und eine passende Strategie kann sich entwickeln.
- (Selbst-) Verantwortung: Wenn du in der Stressspirale steckst, kann es leicht passieren, dass du in eine Opferhaltung fällst. Obwohl du tatsächlich nicht für alle Probleme verantwortlich bist, hilft dir dies leider nicht weiter. Um wieder aktiv handeln zu können, musst du Verantwortung übernehmen. Verantwortung über deine Handlungsmöglichkeiten.
- Soziale Kompetenzen erweitern: Der Mensch ist ein soziales Wesen. Unter Stress werden die Flucht-Kampf-Totstell-Strategien in den Vordergrund gerückt. Damit ist die Kommunikation plötzlich nicht mehr wichtig. Was bei der Begegnung mit dem Säbelzahntiger nützlich war, hat beim heutigen Dauerstress aber negative Auswirkungen auf unsere Beziehungen. Die Kommunikation wird unter Stress schlechter. Das bedeutet, dass wir in stressigen Zeiten besonders auf unsere sozialen Kompetenzen achten müssen und diese in ruhigen Zeiten auch erweitern und stabilisieren dürfen.
- Selbstwirksamkeit: Übermässige Unsicherheit ist eine nicht dienliche Stressreaktion. Wenn du unter Stress stehst und weisst, dass dein eigenes Handeln Wirkung zeigen wird, wirst du gut aus der Situation herauskommen. Es geht also darum, dass du dir über die Wirksamkeit deines eigenen Handelns bewusst bist.
Zusammenfassend geht es darum, dass du Stressoren reduzierst, wo immer dies möglich ist und gleichzeitig mit Hilfe deiner Ressourcen Bewältigungsstrategien entwickelst. Ressourcen sind einzigartig und sie liegen in jeder Einzelnen von uns. Daher solltest du deine eigenen Ressourcen kennen und diese auch bestmöglich ausbauen. Wenn du aktuell noch wenig Zugang zu deinen Ressourcen hast, lohnt es sich diese wiederzuentdecken. Dabei können dir auch die obigen Impulse helfen.
Mehr zu Selina Frey findest du auf: www.selinafrey.com