Gast: Zita Küng, Juristin und Genderexpertin
Dauer: 53:42
In einem ersten Interview mit Zita Küng, Juristin und Genderexpertin, sprechen wir über die Entwicklung der Geschlechtergleichheit in der Schweiz, welchen Beitrag das Gleichstellungsgesetz geleistet hat und wo wir heute stehen. Falls du noch mehr über Gender Equality erfahren möchtest, lese auch den Blogartikel: Gender Equality in der Arbeitswelt.
«Nicht Frauen müssen sich ändern, sondern die Spielregeln.»
Iris Bohnet (2017)
Hat was, oder? Die Geschäftswelt war seit jeher von Männern dominiert – zumindest in unseren Breitengraden. Als sich Arbeit vorwiegend im primären (Urproduktion) und im sekundären (Industrie) Sektor abspielte, waren Männer – aufgrund der physischen Gegebenheiten – klar überlegen.
In der Schweiz waren im Jahr 1960 erstmals die Mehrheit der Arbeitnehmer/innen im tertiären (Dienstleistung) Sektor tätig und im Jahr 2006 stieg diese Zahl über 80%. Auf dem modernen Arbeitsmarkt ist Muskelkraft nicht mehr entscheidend, sondern vielmehr Verhandlungs- und Organisationsgeschick, kommunikative Fähigkeiten, soziale Intelligenz und Flexibilität und darin sind Frauen mindestens genau so stark wie Männer.
Die Zahl der Frauen in der Arbeitswelt nimmt stetig zu. Doch nach wie vor bewegen wir uns in der Arbeitswelt in einem Umfeld, das auf Regeln basiert, die zum Grossteil von Männern aufgestellt wurden.
Ist es dir auch schon passiert, dass ein Mann eine Bemerkung gemacht hat, die du nicht nur als „voll daneben“ qualifiziert hast, sondern du auch davon überzeugt bist, dass eine Frau so etwas nie sagen würde? Bekanntlich gibt es ja immer drei Lösungen, wie auf etwas/ein Problem reagiert werden kann:
Seit Frauen in der Arbeitswelt vermehrt vertreten sind, sind Themen wie Gleichstellung, Geschlechter Diversität, Lohnunterschiede, Frauenquoten ein Dauerbrenner.
… warum es sinnvoll ist Geschlechtergleichstellung in der Arbeitswelt anzustreben und
… warum alle – auch Männer – ein Interesse daran haben (sollten)
… welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, dass Geschlechtergleichstellung wirklich funktioniert
Immer mehr Männer haben den Wunsch die Kinder aufwachsen und nicht nur aufstehen und zu Bett gehen zu sehen. Immer mehr Männer wollen einen aktiven Teil an der Kindererziehung haben und nicht nur der liebe Papa sein, beim dem das Kind alles darf, weil er ja nicht oft da ist. Immer mehr Männer definieren ihren Selbstwert nicht mehr primär über den Job. Immer mehr Männern ist die Rolle als «Ernährer der Familie» zu klein geworden. Männer finden es toll, eine Partnerin zu haben, die ebenfalls arbeitet, Geld verdient und unabhängig ist. Doch wie einfach ist es für einen Mann, der diese Wünsche hat, diese auch zu leben?
In der Schweiz arbeiten lediglich 18% der Männer Teilzeit (unter 90%), bei den Frauen sind es 59%. Wollen nicht mehr Männer Teilzeit arbeiten? Ist es nicht möglich von Seiten Arbeitgeber? Steht sich der Mann und dessen «traditionelle Rolle» selbst im Weg? Was auch immer der Grund ist, wichtig ist, dass uns klar wird, dass wenn es um Geschlechtergleichheit am Arbeitsplatz geht, es nicht nur um uns Frauen, die Erfüllung unserer Wünsche, sondern auch um die Männer und deren Wünsche geht. Das klassische Rollenverständnis hat sich gewandelt. Die weibliche Arbeitsbevölkerung wächst stetig, bezahlte und unbezahlte Arbeit wird in Partnerschaften je länger je mehr neu verteilt – mit sehr positivem Resultat.
Studien zeigen, dass Beziehungen, in denen beide Partner einer bezahlten Arbeit nachgehen und je ihren Teil zur Kindererziehung/zum Haushalt leisten, glücklicher sind, weil beide Partner individuell glücklicher sind. Die beiden Partner sind auch gesünder. Zudem sind die Kinder aus solchen Beziehungen im Durchschnitt ebenfalls zufriedener und gesünder (weniger in medizinischer Behandlung) und besser in der Schule. Eine win-win-win-… Situation und es geht noch weiter…
Auch Unternehmen, die Teilzeit und flexible Modelle ermöglichen, werden belohnt mit motivierten und zufriedeneren Mitarbeitern, höherer Loyalität und Flexibilität sowie weniger Fluktuation. Ausfälle von Teilzeitmitarbeitern können oftmals besser «abgefangen» werden, weil es z.B. in einem Jobsharing noch eine weitere Person gibt, die die Aufgaben der ausgefallenen Person übernehmen kann. Und wenn man zurückdenkt, dass die Mitglieder von Familien, in denen sich die bezahlte Arbeit und die Arbeit zuhause von beiden Eltern geteilt wird, gesünder sind, kommt es erst noch zu weniger Ausfällen aufgrund von Krankheit (eigene oder der Kinder), wenn Teilzeitarbeit für Mann und Frau möglich ist.
Und um noch einen Schritt weiter zu gehen: auch die Zufriedenheit von ganzen Ländern korreliert positiv mit dem Stand der Geschlechtergleichheit im jeweiligen Land.
Heute wird viel für die Stärkung der Position der Frau in der Arbeitswelt getan wie z.B. Förder- und Wiedereinsteigerprogramme und Einführung/Einhaltung von Quoten. Aber mal ehrlich… findest du das cool, wenn man (Frau) sich vorkommt, wie eine schutzbedürftige Gattung? Das wollen wir (auch) nicht und all dies wäre hinfällig, wenn jeder (Frau und Mann) sein Arbeitsleben so gestalten kann, wie es für sie/ihn und die Familie am besten ist. Unternehmen könnten sich Auslagen für solche Förderprogramme sparen und dazu erst noch von den genannten Vorteilen einer Arbeitswelt mit Geschlechtergleichheit profitieren. Und zudem würden weitere Kosten der ganzen Gesellschaft/Volkswirtschaft erspart bleiben, weil die Menschen zufriedener und gesünder sind. Entgegen der vielleicht vorherrschenden Meinung, dass Geschlechtergleichstellung viel kostet, kostet sie unterm Strich weniger aufgrund der nicht anfallenden Kosten, die entstehen bei Abwesenheit von Geschlechtergleichheit auf dem Arbeitsmarkt.
Die Chancen und Vorteile für mehr Gleichberechtigung sind klar und mittlerweile auch wissenschaftlich vielfach belegt. Aber die Schweizer Arbeitswelt hinkt hinterher mit diesem Modernisierungsschub.
Wichtig zu beachten ist, dass gewisse Bedingungen erfüllt sein müssen (struktureller Art und auch individueller Natur), damit Geschlechtergleichheit wirklich funktioniert. Unter anderem sind das folgende:
Wir laden dich deshalb dazu ein, diese Veränderung mit zu gestalten. Wie das gehen soll? Das verraten wir dir im Podcast-Interview mit Zita Küng zum Thema Gender Equality in der Arbeitswelt.
Informiere dich weiter bei
Selber denken macht schön: https://www.equality-consulting.ch/
What Works in a nutshell: https://youtu.be/7bHoc1TW_Ps
Eidgenössisches Büro für Gleichstellung von Frau und Mann: https://www.ebg.admin.ch/ebg/de/home.html
Feminismus gestern und heute. Interview mit Zita Küng & Franziska Schutzbach: https://www.equality-consulting.ch/feminismus-gestern-und-heute-interview-zita-kueng-radio-srf/
CH2021: https://ch2021.ch/
Quellen
Bohnet, Iris (2017). What works. Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann. C.H. Beck. München.
Bundesamt für Statistik (2019). Auf dem Weg zur Gleichstellung von Mann und Frau: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kataloge-datenbanken/publikationen.asstdetail.8288359.html abgerufen am 16. April 2020.
Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann. Plattform für Lohngleichheit: https://www.ebg.admin.ch/egb/de/home/themen/arbeit/lohngleichheit.html, abgerufen am 18. April 2020.
Evans, Gail (2000). Play like a man win like a woman. Broadway Books. New York.
Kimmel, Michael (2015). Why Gender Equality Is Good for Everyone – Men Included. TED Talks. https://youtu.be/7n9IOH0NvyY
Rosin, Hanna (2020). Das Ende er Männer und der Aufstieg der Frauen. Piper. Berlin.
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