Gast: Moritz Daum, Vater und Entwicklungspsychologe
Dauer: 56:44
Geschlechterrollen überdenken
(Beitrag von womensguide)
Während meiner Schwangerschaft wurde ich immer wieder gefragt, wird es ein Junge oder ein Mädchen? Und auch ich ertappe mich immer wieder selbst, dass ich anderen Freundinnen dieselbe Frage stelle. Ist das Kind einmal da, geht es weiter: welche Farben sollen die Kleider meines Kindes haben, wie richte ich das Kinderzimmer ein, welche Spielsachen soll ich kaufen? Blau für einen Jungen und rosa für ein Mädchen? Den Traktor für den Sohn und die Barbie für die Tochter?
Bestimmt nicht, ich bin ja eine moderne Mutter und finde es völlig veraltet, wenn wir Kinder in eine Geschlechterrolle drücken. Ich musste aber feststellen, dass es gar nicht so einfach ist aus diesen lang etablierten und verhärteten Geschlechterrollen auszubrechen. So zeigt die Forschung, dass werdende Eltern – wenn sie wissen, welches biologische Geschlecht das Kind hat – bereits anders mit dem Ungeborenen sprechen. Bei Mädchen eher sanft und melodisch und bei Jungen eher humorvoll. Oder ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass es z.T. schwierig ist, geschlechterneutrale Kleidung in der Kinderabteilung zu kaufen. Es wird nämlich viel Geld mit Gendermarketing gemacht. Manchmal würde ich mir mehr gelbe, grüne und rote Kleidung wünschen, welche etwas geschlechterneutral ist und nicht baby-blau oder rosa. Selbstverständlich versuche ich sowieso viele Kleidung von Freundinnen wiederzuverwerten, welche mir ihre alten Kinderkleider weitergeben. Wenn ich ehrlich bin, fällt es mir manchmal aber trotzdem schwer, das alte rosa Blumen-Shirt der Tochter meiner Freundin meinem Sohn anzuziehen. Rational weiss ich, dass es meinem Sohn pip-egal ist und trotzdem habe ich irgendwie ein ulkiges Gefühl so mit ihm auf den Spielplatz zu gehen.
Viele Dinge kann man als Eltern auch nicht direkt steuern, z.B. wenn das eigene Kind von den Grosseltern betreut wird und dort typische Jungen-Spielsachen bekommt. Weiter geht es dann in der Schule, wenn das eigene Kind mit Freund:innen zusammen ist, welche wiederum gewisse Vorstellungen von Geschlechterrollen haben. Mein Sohn ist zum Glück noch im Kleinkindalter, aber welche Geschlechterrollen wird er in Zukunft wohl im Internet, Social Media usw. finden? Das sind alles Dinge, welche ich nicht direkt steuern kann.
Im Interview mit Moritz Daum, Entwicklungspsychologe und Vater von drei Kindern, haben wir über genau dieses Thema gesprochen. Wie entstehen Geschlechterrollen? Was ist effektiv auf biologische Unterschiede zurückzuführen und was ist sozial antrainiert? Was können Eltern tun, damit sie ihre Kinder nicht in eine vorgefertigte Rolle drücken, sondern das Spektrum zwischen Junge und Mädchen offen gestalten?
Das Interview ist super spannend und zeigt auf, dass ein sehr grosser Teil der Geschlechterrollen sozial antrainiert ist. Moritz Daum hält uns an, immer wieder zu reflektieren und uns die Frage zu stellen: “hat das wirklich mit dem Geschlecht zu tun?”. Z.B. wenn die eigene Tochter keine Lust auf Mathematik-Hausaufgaben hat, ist es keine Ausrede zu sagen, Mädchen sind halt nicht so gut in Mathe und deshalb macht mir das nicht so viel Spass. Die Wissenschaft hat klar belegt, dass dem überhaupt nicht so ist und Mädchen genauso gut sind wie die Jungen.
Das Gespräch mit Moritz Daum hat mich auch dazu inspiriert, immer mal wieder den Mut aufzubringen, auch mit Freund:innen, Grosseltern, Lehrpersonen und Kita-Betreuer:innen das Gespräch zu suchen, wenn ich das Gefühl habe, jetzt werden Geschlechterstereotypen missbraucht. Ich werde meinem Sohn nun ganz bestimmt das rosa Blumen T-Shirt anziehen und freue mich auf die spannenden Gespräche mit anderen Eltern auf dem Spielplatz ;-).
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Weitere Informationen zu Moritz Daum und seiner Forschungsarbeit findest du hier:
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